Gütersloh (ots) - "Jeder Schlaganfall ist ein Notfall - 112!" lautet
das Motto des "Tags gegen den Schlaganfall" am 10. Mai, ausgerufen durch
die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Aktuelle Befragungen zeigen,
dass viele Menschen die Symptome eines Schlaganfalls nicht richtig
deuten und im Notfall nicht das Richtige tun, die 112 wählen. Wo
dramatische Appelle nicht wirken, sollen jetzt nüchterne Zahlen
wachrütteln. Eine aktuelle wissenschaftliche Studie
liefert den Stoff, den sich Akutmediziner wünschen, eine einfache
Gleichung: Jede gewonnene Minute in der Akutversorgung bringt dem
Patienten 2 Tage mehr gesundes Leben.
"Time is brain" lautet der
altbekannte Grundsatz der Neurologen in der Schlaganfall-Versorgung. Bei
einem Schlaganfall wird ein Teil des Gehirns nicht ausreichend mit Blut
versorgt, Gehirnzellen sterben ab. Die Standardtherapie von
Gefäßverschlüssen im Gehirn ist die so genannte Thrombolyse, die
medikamentöse Auflösung des Gerinnsels. Je länger die Unterversorgung
dauert, desto schwerer sind die Folgen. Die Lyse muss also so schnell
wie möglich begonnen werden. Somit hängt die Prognose eines
Schlaganfall-Patienten entscheidend von drei Faktoren ab: Haben Patient
und Umfeld richtig reagiert, den Schlaganfall erkannt und den Notruf
gewählt? Kommt der Patient auf eine Stroke Unit
(Schlaganfall-Spezialstation)? Und: Wie gut funktionierte die
Behandlungskette in der Notfall- und Akutversorgung?
Das alles
ist lange bekannt. Doch wie groß genau der Effekt der Geschwindigkeit
ist - oder anders formuliert: Wie viel sich die Eile lohnt - konnte
bisher nicht konkret beziffert werden. Dem Finnen Dr. Atte Meretoja ist
es jetzt gemeinsam mit Kollegen in Helsinki und im australischen
Melbourne gelungen, den Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit in der
Akutversorgung und der zu erwartenden gesunden Lebensdauer und
Lebensqualität statistisch zu berechnen. "Save a minute, save a day"
lautet der Titel des bemerkenswerten Aufsatzes, der soeben im
amerikanischen Fachmagazin "Stroke" erschienen ist. Darin stellen die
Forscher die Ergebnisse einer 13-jährigen Beobachtungsstudie (1998 -
2011) in australischen und finnischen Schlaganfall-Zentren dar.
Untersucht wurden 2258 Schlaganfall-Patienten.
Ergebnis: Jede
Minute, mit der nach einem akuten Schlaganfall früher mit der
Thrombolyse begonnen wird, verschafft dem Patienten durchschnittlich 1,8
gesunde Lebenstage mehr. Stark abhängig ist dieser positive Effekt vom
Alter der Patienten und von der Schwere des Schlaganfalls. Jüngere
Schlaganfall-Betroffene (unter 50 Jahren) mit schwerem Infarkt
profitieren noch deutlich stärker, sie gewinnen 3,5 Tage Leben mit jeder
Minute.
Mediziner und Präventionsfachleute weltweit müssten
jubeln über diese Zahlen. Liefern sie doch wichtige Argumente, die
bereits gute Notfall- und Akutversorgung weiter zu verbessern. Und sie
sind ein Appell, Schlaganfall-Symptome bekannter zu machen und die
Bevölkerung für die Bedeutung des Notrufs 112 zu sensibilisieren. Autor
Atte Meretoja selbst zieht ein hoffnungsvolles Fazit: "Das Bewusstsein
für diese konkrete Bedeutung des Faktors Zeit könnte die bisherige
Praxis verändern."
(Quelle: Stroke. April 2014)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen